Heilpflanzen in der Vogelzucht

In der Veterinärmedizin steht die prof. Phytotherapie (= Heilpflanzenkunde) noch in Kinderschuhen, obgleich sie schon seit Gedenken auf der ganzen Welt in ländlichen Gegenden praktiziert wird. Man findet daher sehr wenig gute Fachliteratur zum Thema. Die meisten Ratgeber basieren meistens auf reiner „Erfahrungsheilkunde“.


Das liegt vermutlich einfach daran, dass es auf der Welt sehr viele verschiedene Arten von Tieren gibt, aber die Pflanzen unterschiedlich wirken. Ein Beispiel hierzu ist der unscheinbare Baldrian.

Lebewesen: Wirkung des Baldrians:
Mensch beruhigend
Hund beruhigend
Katze Anregung des Sexualtriebes
Nagetiere beruhigend

Wir müssen also wissen, welches Tier wir vor uns haben, um zu entscheiden, welche Pflanze aus Mutter Natur in Frage kommt. Das Internet ist hier eine gute Hilfe, denn dort gibt es einige Giftdatenbanken, auf die man zugreifen kann:
  • http://www.vetpharm.unizh.ch/perldocs/toxsyqry.htm
  • http://www.giftpflanzen.ch
  • http://www.clinitox.ch
Ansonsten bleibt uns nur der Blick in die Fachliteratur. Aber was steht uns in punkto Vögel eigentlich zur Verfügung ? Das Geheimnis ist, dass man sich an ein Zitat erinnern muß, was man Hippokrates [griechischer Arzt, geb. 460 v. Chr. auf der Insel Kos, gest. in Larissa, (Thessalien) um 377 v. Chr.] zuschreibt:
„Eure Nahrungsmittel sollen eure Heilmittel und eure Heilmittel eure Nahrungsmittel sein.“
Bedeutungsvoll ist sein Eintreten für eine richtige Ernährung, da er mitunter eine der Hauptursachen der Krankheiten in einer falschen Ernährung sah. Aber auch zur Unterstützung der Heilung bzw. zur Behandlung von Krankheiten, können Nahrungsmittel Medizin sein, wenn wir wissen, welche Inhaltsstoffe in einer Pflanze enthalten sind, und wie diese wirken. Erst dann kann man bestimmte (Heil-) Pflanzen gezielt zur Gesundheitsfürsorge, Linderung bei Krankheiten oder als Therapie einsetzen.

Einmal finden wir die Bücher, die sich mit der Ernährung beschäftigen. Einige Paradebücher hierfür sind folgende:
  • Bielfeld: „Vogelfutter aus der Natur“, Ulmer Verlag (1999)
  • Aeckerlein: „Die Ernährung des Vogels. Grundlagen und Praxis“, Ulmer Verlag (1993)
  • Aeckerlein, Steinmetz: „Vögel richtig füttern“, Ulmer Verlag (2003)
  • Schnabl: „Vogelfutterpflanzen. Wild-, Kulturpflanzen, Futtermischungen und tierische Futterstoffe zur Vogelernährung“, Arndt-Verlag (2005)
  • Würth: „Obst, Gemüse und exotische Früchte für Papageien und Sittiche“, Arndt-Verlag (2001)
  • Künne: „Die Ernährung der Papageien und Sittiche“, Arndt-Verlag (2000)
  • Reinschmidt: „Kunstbrut und Handaufzucht von Papageien und Sittichen“, Arndt-Verlag (2000)
Hier finden wir Früchte, Sämereien etc., die Vögel von Haus aus fressen. Erstaunlich, was diese an sich schon enthalten ! Aber daraus können wir auch ersehen, was wir gezielt füttern können, wenn der „Schuh drückt“.

Aus dem Bereich Tiernaturheilkunde bzw. Veterinärmedizin gibt es folgende Bücher, die wirklich gute Ansätze im Allgemeinen bieten:
  • Sonnenschmidt / Wagner:
    • „Neues Heilen – Vögel“, Ulmer Verlag (1996)
    • „Kraulschule für zahme Vögel“, Ulmer Verlag (1997)
  • Reichling, Gachnian-Mirtscheva, etc, „Heilpflanzenkunde für die Veterinärpraxis“, Springer Verlag (2008)
Ansonsten bleiben uns nur noch die Bücher, die sich mit einer Vogelart als solches beschäftigen. Hier finden wir en Detail, was ein Vogel fressen darf und was nicht. Ebenso welche Nahrung er in der Natur finden kann und bevorzugt. Auch hier kann man dann Rückschlüsse ziehen, ob eine Pflanze auch „Heilpflanze“ ist.

m ersten Teil haben wir darüber gesprochen, ob Phytotherapie möglich ist. Wir konnten festellen, dass dies möglich ist, getreu dem Lehrsatz„Eure Nahrungsmittel sollen eure Heilmittel, und eure Heilmittel sollen eure Nahrungsmittel sein.“, den bereits Hippokrates im antiken Griechenland geprägt hat. Als Arzt sah Hippokrates seine Hauptaufgabe darin, die Kräfte des Körpers durch eine natürliche Ordnung und eine günstige Ernährungsweise zu erhalten und zu stärken. Vehement trat er für eine richtige Ernährung ein, da er in einer falschen Ernährung eine der Hauptursachen der körperlichen Disharmonie und Krankheiten sah. Bedenkt man, dass er in der Antike lebte, und dieser Lehrsatz bis heute noch seine Gültigkeit besitzt, ist dies bemerkenswert. Was hier für den Menschen gilt, können wir bei unseren gefiederten Freunden in dieser Weise handhaben.

Allgemeines

In Teil 2 sprechen wir über
  • Wie komme ich denn zu Heilkräutern ?
  • Wie wende ich Heilkräuter eigentlich bei einem Vogel an ?
  • Nützliche Heilpflanzen für die „Hausapotheke“ zuhause
Natürlich alles für den Blog in aller Kürze zusammengefasst …

01. Wie komme ich denn zu Heilkräutern ?

Die Antwort ist sehr einfach:
  • Kaufen (Apotheke, Reformhaus, manchmal auch über Tierheilpraktiker)
  • Im eigenen Garten anbauen
  • In der Natur sammeln
Alle Varianten haben Vor- und Nachteile.

01.01. Einkaufen in Apotheke, Reformhaus oder Tierheilpraktiker

Die beste Möglichkeit, Kräuter zu beziehen, ist meiner Meinung nach die, diese zu kaufen. Apotheke, gut sortierte Reformhäuser oder Tierheilpraktiker1 können hier sehr gut weiter helfen.
Vorteil ist, dass alle Tee- und Pflanzendrogen einen bestimmten Qualitätsstandard haben müssen. Wenn man Pflanzen in der Natur sammelt, kann man vieles gar nicht abschätzen.
Nachteil ist, dass der Preis für Kräuter oft einen kleinen Tick höher sind.

01.02. Im eigenen Garten

Man hat seinen Kräutergarten angelegt, alles wächst und gedeiht durch die liebevolle Pflege. Für den Vogelfreund ist das ein schöner Gedanke. Irgendwann muß man seine Schätze auch ernten. Aber wie geht man mit den Pflanzen jetzt eigentlich um ?

Was die Großmutter noch wusste, ist uns heute nicht mehr geläufig. In der modernen Zeit gibt alles alles schon fertig und „mundgerecht“, so dass selbst keiner mehr „richtig“ kochen können müsste.
Man kann Pflanzen frisch verwenden oder man trocknet diese (Vorratshaltung). Am besten ist es für die Vorratshaltung, wenn man Pflanzen trocknet.

Dazu gibt es zwei Möglichkeiten:

Möglichkeit 01: Möglichkeit 02:
  • Kleine Sträusse binden
  • Sträusse an einem sonnigen Tag im Schatten an eine Wäscheleine hängen
  • Kräuter auf einen Tisch an einem sonnigen Tag im Schatten ausbreiten
  • Häufig wenden
Anschliessend wird jede Pflanze in einem eigenen Behälter aufbewahrt. Natürlich kann man auch jetzt schon seine Teemischungen zusammen stellen.

Wichtig ist die Beschriftung ! Auf ein Etikett schreibt man welche Pflanzen im Behälter sind und das Datum. So entsteht kein Durcheinander und man behält die Übersicht.

01.03. Sammeln in der Natur

Es gibt ein paar Regeln, die man beachten sollte:
  • Nicht an stark befahrenen Strassen sammeln aufgrund der Schadstoffbelastung durch Autoabgase.
  • Nicht alle Pflanzen an der Fundstelle mitnehmen.
  • Nur Pflanzen sammeln, die man 100% kennt (Verwechselungsgefahr)
  • Das Wetter und Zeit muß passen (späte Morgenstunden, früher Nachmittag / nicht bei Regen oder Sommerhitze)
  • Überlieferungen aus alter Zeit besagen, dass Kräuter nicht nach einer Vollmondnacht gesammelt werden sollen (verminderte Heilkraft). Ob das stimmt, das sei dahin gestellt. Entweder man glaubt daran, oder man tut es nicht.
Da man nicht weiß, wie hoch man die Qualität der gesammelten Pflanzen einschätzen sollte, ist es besser, wenn man die Kräuter heutzutage kauft.

02. Wie wende ich Heilkräuter eigentlich bei einem Vogel an ?

Hierzu gibt es mehrere Möglichkeiten:

02.01. … als Zusatzfutter
  • Frische Kräutersträußchen in die Voliere als „Zusatzfutter“ hängen.
02.02. … als Tee
Heilkräuter zu einem eher „schwachem Tee“ kochen.
Einige Bemerkungen hierzu:
  • Dosierung: ¼ L Wasser braucht man in der Regel 1 Teelöffel Kraut
    • Faustregel: Oberirdische Teile einer Pflanze (Blätter, Stengel): kurz überbrühen, 10 Min. ziehen lassen, absieben Rinde oder Wurzeln im Topf 5 Min. bis 10 Min. kochen, kalt werden lassen, absieben
Achtung: Es gibt Vögel, die sehr wählerisch sind. Sie werden eher gar nichts trinken, als Tee. Insbesondere bei einem „einfachen“ Durchfall kann das unter Umständen sehr schnell lebensbedrohlich werden. Eine sehr wichtige Massnahme ist es, zu beobachten, ob der Vogel den Tee trinkt oder nicht.

02.03. … als Badewasser oder Vogeldusche

Ob Badewasser oder Vogeldusche geeignet ist, liegt einerseits am Vogel selbst, als auch an der Größe der Bademöglichkeit. Es gibt Badefans unter den Vögel genauso wie Bademuffel.

Die Badeschale

Man stellt eine Schale auf den Boden in die Voliere. Als Badeschale eignet sich sogar ein größerer Blumentopfuntersetzer aus Plastik. Besonders gut finde ich Tonschalen mit einem Durchmesser von 30cm. Wer schon einmal Vögel beim Baden zugesehen hat, der weiß auch, warum ich 30 cm im Durchmesser vorschlage. Vögel schlagen mit den Flügeln ins Wasser, und das aufspritzende Wasser benetzt so das Gefieder.

Da hinein füllt man den Tee (oder aber Wasser, wenn der Vogel gesund ist). Bitte nicht so hoch, dass der Vogel ertrinken könnte.

Das Badehaus

Es gibt für die handelsüblichen Käfige auch Badehäuser. Einige Vögel akzeptieren diese, andere gar nicht. Der Grund liegt darin, dass diese sehr eng und klein sind (für Kanarien und kleine Exoten ca. 14 x 13 x 14 cm). Wie soll der Vogel denn da drin beide Flügel vernünftig ausbreiten können ? Geht eigentlich gar nicht, bedenkt man die Flügelspannweite. Vergleich: Ein „kleiner“ Kanarienvogel hat eine ca. Flügelspannweite von 24 cm bis 28 cm.

Die Vogeldusche

Nun gibt es Vögel, die gar keine Badefans sind, von denen wir aber wissen, dass sie beispielsweise im Amazonas oder sonstwo beheimatet sind, wo es täglich ggf. kleine Sommerregen gibt.
Diesen Vögel tut man einen Gefallen, indem man sie mit Tee (oder lauwarmen Wasser beim gesundem Vogel) einsprüht. Das ist gut für das Gefieder und die Haut. Bitte kein kaltes Wasser, das wird der Vogel nicht mögen.

Papageien merken sich durchaus auch die (Beispiel-) Kombination „blaue Blumenspritze“ und „kaltes Wasser“. Man muß sich also gar nicht wundern, wenn beim nächsten Mal der Vogel aggressiv wird, wenn er jene blaue Blumenspritze auch nur sieht.

Achtung:
  • Bitte eine Blumenspritze benutzen, die ausschliesslich zu diesem Zweck gekauft wird.
  • Beschriften mit „Vogeldusche“ oder ähnlichem.
  • Beim Kauf darauf achten, dass der Wasserstrahl sehr fein aus der Düse kommt. Es sollte ein Wassernebel sein.
  • Vogel nicht tropfnass einsprühen.
Badezusatz oder nicht ?

In dem Zusammenhang taucht immer wieder eine Frage auf: Braucht man denn Badezusätze bei einem gesunden Vogel ?

Nein ! Wenn ein Vogel kein gesundheitliches Problem hat (Beispiel: Feder- und/oder Hautproblem) haben, brauchen sie auch keine Badezusätze. Badezusätze in Form von Tee oder anderem sollten nur dann eingesetzt werden, wenn es nötig ist.

In einigen Foren liesst man immer wieder, dass man statt lauwarmem Wasser immer Teemischungen oder auch nur Kamillentee benutzt werden sollte. Bitte nicht nachmachen ! Oder trinken wir immer medizinische Teemischungen ? Auch ein Tee hat eine Wirkung auf den Vogel, und man kann ihm schaden, zumal viele nicht einmal wissen, wie ein Tee überhaupt gekocht wird.

02.04. Tinkturen & Frischpflanzensäfte

Tinkturen & Frischpflanzensäfte sollten möglichst nicht angewendet werden, da die Heilkräuter meistens mit Alkohol konserviert wurden.

Aufgrund des Alkohols wird die Leber des Vogels belastet. Ist ein Vogel krank, ist jede weitere Belastung für das Immunsystem zusätzliche, unnütze „Arbeit“.

02.05. Heilpflanzensalben

Heilpflanzensalben möglichst nicht am Gefieder anwenden, da durch fettreiche Salben das Gefieder verklebt. Salben sehr sparsam nur an Füßen und Beinen anwenden. Als Hilfsmittel eignen sich kleine sterile Kompressen.

Heilpflanzensalben kann man sich übrigens selber kochen. Hierbei ist es wichtig, dass man auf Hygiene achtet. Wenn man schlampig arbeitet, dann muß man sich nicht wundern, wenn die Salbe am nächsten Tag bereits Schimmel angesetzt hat. Das Kochen von Salben ist übrigens keine Hexerei, und überhaupt nicht schwer, wenn man erst einmal das Prinzip verstanden hat.

Allerdings ist der bessere Weg, sich Salben und Cremes sich beim netten Apotheker nebenan anfertigen zu lassen.

03. Nützliche Heilpflanzen für die „Hausapotheke“ zuhause

Folgende Pflanzen sind ideal für eine kleine „Hausapotheke“:
  • Ackerschachtelhalm
  • Acker-Stiefmütterchen
  • Bärlauch
  • Blutwurz
  • Brennessel
  • Gänseblümchen
  • Gundelrebe
  • Hirtentäschel
  • Holunder
  • Löwenzahn
  • Lungenkraut
  • Oregano
  • Ringelblume
  • Scharfgarbe
  • Spitzwegerich
  • Vogelmiere
  • Vogelknöterich
Natürlich lassen sich noch viele weitere nützliche Pflanzen ergänzen, jedoch sollte man sich in der Vielfalt nicht „verzetteln“.

Im Rahmen meiner Weiterbildung für Vogelhalter und -züchter, als auch für THP und THPa werden diese Pflanzen unter anderem näher besprochen. Dies werde ich nicht hier im Blog tun, da es den Rahmen sprengen würde.

Tipp aus der Praxis

Legen Sie sich ein eigenes „Hexenbüchlein“ (Kräuterbuch) oder Herbarium an. Der Aufbau sollte sich an diese Punkte halten, so dass man auch schnell etwas nachschlagen kann:
  • Botanischer Name
  • Volkstümlicher Name / Synonym
  • Pflanzenfamilie
  • Beschreibung
  • Blütezeit
  • Vorkommen / Verbreitung
  • Tipps zum Sammeln
  • Inhaltsstoffe
  • Nachgesagte Wirkungen
  • Kontraindikationen
  • Anwendungstipp / Praxistipp
  • Sonstige Bemerkungen
Ein Kräuterbuch ist übrigens etwas anderes als ein Herbarium:
  • Ein Herbarium oder Herbar (v. lat.: herba = Kraut) ist eine Sammlung getrockneter und gepresster Pflanzen bzw. Pflanzenteile für wissenschaftliche Zwecke, oder auch zur Dokumentation und als zu führender Nachweis einer Beschäftigung mit der Botanik.
  • Kräuterbücher sind Nachschlagewerke, die (oft mit Abbildungen) Heilpflanzen und sonstige Arzneidrogen beschreiben und deren Anwendung erläutern.
Lust auf mehr ?

Kein Problem. Ich biete in dem Bereich Phytotherapie für Vögel eine Menge an:
  • Vorträge
  • Wochenendseminare
  • Handout / Scripte von Vorträgen (siehe Webshop )
Sollten Sie Interesse haben, sich mit diesem Thema zu beschäftigen, berate ich Sie gerne.

© Nicole Müller